Dienstag, 27. August 2019

Wanderungen: Der Southwest Coast Path in Cornwall


Der längste markierte Weitwanderweg in England bietet traumhaft schöne Aussichten und fordert eine gute Kondition.
Hier berichten wir von unserer vierwöchigen Wanderung von Bude in Cornwall zur Hafenstadt Plymouth in Devon. Diese  Tour  erhält aus wandertechnischer Sicht das Prädikat herausragend!

EIn duftendes Blumenmeer trifft auf atlantisches Blau.


 
Nicht jedes Schiff hat es in den Hafen geschafft...(hier bei Bude in Cornwall)

An der Küste bei Bude.
Sieht man genauer hin, kann man in diesen Salzwasserteichen Krabben und Fischchen beobachten.

Der Pfad windet sich schlängelnd auf und ab.


Diese Waldpassage wirkte regenwaldartig.Mystisch verschlungene Bäume und Sträucher verbreiteten ein feuchtes Klima.







Abwärts -mit und ohne Stufen.



Der Weg schmiegt sich an scharf in die Felsen geschnittene Buchten.



Ein sanfter Abstieg nach Boscastle.


Was und wo?

Der South-West-Coast-Path ist ein Weitwanderweg an der Südwest-Küste Grossbritanniens.
Er ist mit 1014km der längste  Fernwanderweg in England.
Der gut ausgeschilderte Weg, der immer an der Steilküste entlang führt, folgt alten Pfaden der ehemaligen Coast-Guard. Küstenwache und Schmuggler spielten in früheren Zeiten Katz und Maus miteinander.
Bei Flussmündungen fällt der Pfad jeweils sehr steil ab und steigt auf der anderen Seite entsprechend schroff an. Solche Mündungen kommen sehr häufig vor. Wikipedia gibt an, dass die zu erklimmende Gesamthöhe mit 35.031 m berechnet sei und somit das Vierfache der Höhe des Mount Everest hergibt. Na wenn das mal nicht motiviert!


In diesem Fall hat man die Wahl direkt oder in Serpentinen aufwärts zu gehen.


Der offizielle Weg führt über kilometerlange Sandstrände.

Offiziell verläuft der Weg von Minehead in Sommerset entlang der Küsten in Devon und Cornwall bis Poole Harbour in Dorset.
Unsere Wanderung führte uns von Bude in Cornwall nach Plymouth, einer Hafenstadt in Devon.

Anreise/ ÖPNV vor Ort

Mit dem Eurostar kommt man relativ unkompliziert von Brüssel nach London.
Das Einchecken funktioniert wie am Flughafen: Eine Stunde vorher sollte man vor Ort sein, das Gepäck wird durchleuchtet, stichprobenartig werden Personen abgetastet. Zwei Zollkontrollen EU/GB wollen den Ausweis beäugen. Im Zug ist es übrigens sehr eng, was Sitzkomfort und Flure betrifft.
Am internationalen Bahnhof von St.Pankras kommt man an und ist begeistert: Dieser Bahnhof ist eine Sehenswürdigkeit von innen und von außen!




Von London aus sind wir mit dem Zug der Great Western Railway nach Exeter gefahren. Die Fahrkarten kann man sich im Voraus online bestellen und sie dann am Automaten ausdrucken.
In Exeter sind wir eine Nacht geblieben, um die Uni-Stadt mit ihrer berühmten Kathedrale zu besichtigen.
Am nächsten Morgen gings mit dem Doppeldecker-Bus an die Küste der Grafschaft Cornwall, genauer: In das ehemalige Fischer-und Kohle-Städtchen Bude. Während der Busfährt konnte man den Flair von Dartmoor erleben. Diese Landschaft erscheint genauso mystisch wie sie Conan Doyle in "Der Hund von Baskerville" darstellt: groteske Felsformationen kragen in eine weiche, grünmorastige Gegend hinein. Zu Doyles Zeiten gab es übrigens noch eine Bahnlinie von Exeter nach Bude. Mit dem wirtschaftlichen Niedergang von Fischerei und  Minen an der Küste wurde sie stillgelegt.Schade eigentlich. Fast in allen kleinen Küstenstädtchen gab es den automobilen Verkehrskollaps:Für die Massen an PKWs waren die schmalen Strassen nicht gedacht.

Von allen Orten und Örtchen fahren Linienbusse. Die größeren Städte sind mit einem Bahnhof ausgestattet.


Wegemarkierung



Beschilderung auf dem Weg durch Plymouth.

Die Holzpfosten mit stilisierter Eichel zeigen regelmäßig den Weg an.

Eine neue Ausgabe des Pfostens.
Auch so kann die Markierung aussehen.

Die Markierung war mit einer einzigen Ausnahme gut sichtbar und in verlässlichen Abständen angebracht. Abgesehen von den Ortschaften, durch die man hindurch wandert, gibt es meist keine Möglichkeit sich zu vertun.

 
Wetter

Wir starteten inmitten einer Hitzeperiode und erlebten einige sonnige, trockene, heiße Tage.
Dann aber gab es die erste Unwetterwarnung. Wegen Stürmen, Gewitter und Starkregen mussten wir einen Tag lang pausieren. Von da an blieb das Wetter unbeständig und der Regen  ein täglicher Begleiter. Unwetter sollte in die Wanderzeit mit einkalkuliert werden.
Die schmalen Pfade werden bei Starkregen zu reißenden Bächen. Der sandige Boden kann dann ganz schön rutschig werden, vor allem, wenn es steil bergab geht.


Der Sturm setzt der Zeltwand zu

Wildzelten

Das wilde Zelten ist nicht erlaubt, aber auch nicht explizit verboten.
Dort, wo das Land nicht als Privateigentum gekennzeichnet ist, kann man es wagen. Natürlich sollte man keine Spuren hinterlassen und so früh wie möglich wieder weiterziehen.
Wir haben nicht immer passendes Gelände finden können, da es viel Weideland, ehemalige Gruben und Militärbezirke gibt. Dazu kommen nicht wenige Hotels und Privatanliegen. Nicht selten war freies Gelände voller stacheliger Gewächse, was das Zelten ebenfalls erschwerte.


Der Wanderweg führt an einem Golfplatz entlang (hier bei Charlestown/ St.Austell) In solchen Regionen ist das Wildzelten erschwert, dieser Golfplatz z.B. zieht sich in die Länge, um dann in ein Industriegebiet überzugehen.

Das Schild warnt vor querfliegenden Golfbällen. Der Besitzer des 4-Sterne-Hotels hat sich somit abgesichert und:Wenn es reale Gefahren an diesem Weg gibt, dann sind es Golfbälle!

Atlantische Aussichten beim abendlichen Zähneputzen.

Das Zelt steht in der Nähe des Weges. Das bedeutet: Spät ins Bett-6 Uhr früh aufstehen.



Phasenweise ist die Landschaft zerklüftet durch ehemalige Bergwerke. Überall klaffen Schächte und zugeschüttete Gruben.



Der Weg schlängelt sich sehr eng an der Küste entlang, in diesem Fall auch vorbei an einem Hotelgelände.

Campingplätze:

In regelmäßigen Abständen gibt es Campingplätze, darauf kann man sich in jedem Fall verlassen.
Die Ausstattung der Campingplätze wurde weder in den Karten noch im Reiseführer erwähnt (z.B.die Waschmaschinenfrage) Wir fanden höchst unterschiedliche Plätze vor mit bemerkenswerten Preisunterschieden.
Luxuscamingplätze, die grosszügige sanitäre Anlagen, Waschmaschine und Trockner sowie eigene Gastronomie und viel Platz zum Zelten hatten, kosteten in einem Fall 30Pfund, im anderen 17 Pfund pro Nacht! Dazu kommen die Preise fürs Duschen, die auch sehr verschieden sind:
mal 1Pfund für sieben Minuten, dann 20 Pence für 3Minuten.
Ein sehr einfacher Campingplatz mit fragwürdigen sanitären Anlagen ohne Komfort, kostete einmal 10 ein anderes Mal 16 Pfund. Dabei musste man im letzten Fall auch noch zweimal über Felsen klettern um zur Toilette zu gelangen! Eine Stirnlampe ist also zu empfehlen.
In den billigeren Campingplätzen sammelten die Besitzer privat den Müll ein. Eine Besitzerin leistete sich keinen Müllcontainer. Die Camper legten ihren Müll hinter dem Toilettengebäude ab.
Einen anderen Besitzer konnten wir dabei beobachten, wie er die Mülltüten aus dem Container holte, um sie in seinem Kleinwagen zu verstauen. Er erklärte, das Müllunternehmen in der Gegend sei Pleite gegangen. Nun  müsse er den Müll selbst zur Deponie bringen. Es handelte sich um einen gebrechlichen alten Mann, bei dem man sich nicht sicher war, wie er ins Auto hinein bzw. wieder herauskommen könne.


Wow ist das steil!
Wasserversorgung und Unterwegs-WC

Trinkwasser sollte man sich in den Örtchen ausreichend kaufen. Die zahlreichen Bäche und Flüsse, die am S-W-C-P in das Meer münden sind selten unbelastet sauber.
Wir fanden in einer lokalen Tageszeitung eine Übersicht über die belasteten Gewässer in Cornwall. Dazu gehörten die Allermeisten. Auf  den Weiden oberhalb der Klippen wird konventionelle Landwirtschaft betrieben. Nach starkem Regen wird auf Schildern auch vor dem Baden im Meer gewarnt, da die giftigen Stoffe vom Acker in der Bucht landen.
In einigen Bereichen lagern chemische Kampfstoffe sowie andere militärische Abfälle im Boden (davon erzählten Einheimische). Militärische Übungsplätze sind zwar mit hohen Zäunen gesichert, sie überlassen sicher auch den einen oder anderen toxischen Stoff dem ewigen Meer.

Das Leitungswasser ist überall stark gechlort. Als ich mir das erste Mal damit die Zähne putzte, musste ich mich fast übergeben. Man muss sich daran gewöhnen.

In der Nähe von Badestränden, die von der Küstenwache beaufsichtigt werden (also nicht die"wilden"), gibt es immer Toilettenanlagen, die einigermaßen sauber sind. Das hängt ganz von der Frequentierung ab.


B&B/ Inn

In größeren Orten gibt es immer eine Touri-Auskunft, die Zimmer unterschiedlicher Preislagen vermittelt.

Auch bei den B&B-Anbietern haben wir große Unterschiede festgestellt. Da sie von Privatleuten betrieben werden, trifft man auf den Geschmack der jeweiligen Gastgeber, nicht selten auch auf deren Privatleben.

In Bude waren wir in einem sehr kleinen, liebevoll eingerichtetem Zimmer mit eigenem Bad untergebracht. Klein meint: Zwei Personen müssen ihre Bewegungen im Raum koordinieren. Die Gastgeberin war sehr freundlich und erzählte sofort von ihren Familienangelegenheiten. Bei Eintritt in das Haus stand man fast in der Wohnküche der Familie, wo man unweigerlich auf die anderen Familienmitglieder traf. Die beiden großen Familienhunde hatten einen sofort in Beschlag genommen-kurz:  B&B kann Familienanbindung bedeuten. Das Frühstück war sehr großzügig und die Gastgeberin stellte sich flexibel auf jeden Wunsch ein. (Kostenpunkt 70 Pfund)

In einem anderen, ebenfalls kleinen Zimmer war das Waschbecken im Zimmer. Der Frühstücksraum der Gastgeber, ein älteres Paar, war mit schrillem Nippes vollgestellt, sodass die Gäste regelrecht an die Tischchen gestopft wurden. Man teilte sich den Platz mit unzähligen Porzellanfiguren und Plastik-Holz-Artefakten, rosa Häkeldeckchen und Plastikblumen. Die Bitte um Naturjoghurt und Obst brachte die Gastgeber ein wenig in Verlegenheit. (90 Pfund/in Penzance)

Ein B&B bot ein ausreichend großes Zimmer mit Wasserkocher,Tee und Kaffee sowie einem Badezimmer in bequemer Größe. Ausserdem war es geschmackvoll eingerichtet und das Frühstück konnte man sich aus mehreren Gängen zusammenstellen. Jeder Geschmack kam hier auf seine Kosten, denn die Gastgeberin war eine ausgebildete und prämierte Köchin! (90 Pfund/in Veryan bei Portloe).

In sogenannten Inn´s oder Free Houses werden auch Zimmer vermietet. Die Preise liegen bei ca. 100 Pfund. Sie variieren ebenfalls in Ausstattung und Komfort. Die Restaurants in diesen Inn`s sind sehr gemütlich. Das Essen ist allerdings eher etwas für Freunde des frittierten Fastfood. Ich werde nie verstehen, wie man zu einem Burger, der in einem Pappbrötchen liegt, auch noch Pommes frites mit Chips serviert!!!!Zum Glück gibt es eine Armada aus BBQ-Saucen in Plastikflaschen, die das fritierte Fett auf dem Teller schön verdecken können.

Diese Sitzbank zeigt das Motto des Weges an

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Eine kunstvolle Kolonie von Meereslebewesen.


Immer wieder zeigen sich herrlichste Blumen.

















Der Tiger von Penzance.

Historisches: Tintagel/ Tintagel Castle und König Artus/Mount Michael

Der Weg führte uns vorbei an der sagenumwobenen Burg Tintagel und dem gleichnamigen Ort. Die Burgruine war während unseres Aufenthaltes wegen Renovierung gesperrt. Der Ort Tintagel zeigte sich recht abstoßend: Dort rollte sich eine regelrechte Touristenlawine von einem Souvenirgeschäft zum nächsten. Eltern statteten ihre Söhne mit König-Artus Schwertern und Schilden aus. Den Heiligen Gral gab es bestimmt auch irgendwo zu kaufen. Die Souvenirgeschäfte barsten vor Kundschaft.Ein Lindwurm aus Blechungeheuern schob sich kriechend durch den Ort. Dass "Artus" eine Sage ist und die bestehenden historischen Gebäude mit anderen Personen zusammenhängen, hat wirklich niemanden interessiert. Sagenhaft oder nicht:Wer sich für die Geschichte der Römer/-Normannenzeit interessiert, kann hier fündig werden.

Architektur-und Geschichtsfans kommen auf ihre Kosten! Hier: das Museum von St.Agnes

 Gotik im Tudor und anderen Herrscherstilen

Eine echte Augenweide sind Kapellen, Friedhöfe und Herrenhäuser in gotischen Stilen. Sie sind fast immer umgeben von Parkanlagen mit uralten Bäumen und prächtigen Hortensien. Steht man zwischen alten verwitterten Grabsteinen und einer gotischem  Kapelle, versteht man, wie es zur gothic-novel gekommen sein muss! Auf unseren Aufnahmen fehlt lediglich der Nebel und -excuse me-die weiße Frau.


Die Anglikanische Kirche in Veryan mit Friedhof.



St.Michael`s Mount, die Gezeiteninsel im Ärmelkanal ist der kleine Bruder von Mont Saint Michel in der Normandie.

St.Michaels Mount -von dem kleinen Örtchen Marazion aus gesehen-im Hintergrund ist noch Penzance zu erkennen.

Fazit: Der South-West-Coast-Path ist geeignet für konditionsstarke und trittsichere Wanderer. Stellenweise sollte man  schwindelfrei sein. Man ist zwar nie völlig raus aus der Zivilisation.- Dennoch gibt es Passagen bei denen man weitestgehend alleine ist. Auch der Andrang an Mitwanderern hielt sich in Grenzen. Insgesamt trafen wir drei  Leute, die den kompletten Weg erwandern wollten. Sie hatten einige Probleme, weil sie konsequent wild im Zelt übernachten mussten (Finanzen), aber wegen der Hitze dringendst eine Dusche brauchten und später wegen der Regenfälle an ziemlich garstigen Plätzen wie z.B. einem ehemaligen Flugzeughangar, pausieren mussten.
Rund um die touristischen Highlights, Landsend, Tintagel.usw, wurden Wanderergruppen von Reiseunternehmen auf einem Parkplatz"ausgesetzt", um einige Meilen weiter wieder eingesammelt zu werden. Stellten uns entgegenkommende Tageswanderer Fragen nach bestimmten Sehenswürdigkeiten wie :" Ixkjuse mie, were is sse wää tu ssie woterfoll?"Antworteten wir direkt auf Deutsch. Dies war die am häufigsten anzutreffende Touri-Nationalität. Die Menschen, die wir in der Gastronomie und auch sonst antrafen, waren fast alle sehr locker und freundlich.  Die stiff-upper-lip gibt es eher in Vier-Sterne-Etablissements.




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