Sonntag, 20. März 2016

Wanderungen auf den Orkney-Inseln

Wandern auf den Orkneyinseln






Ein Menhir aus dem Brodgar-Steinkreis

Charakteristik

Die Orkneyinseln sind eine Inselgruppe im Norden Schottlands. Das bedeutet, dass im Sommer die ganze Nacht durch taghell ist. Im Winter sind die Tage extrem kurz.
Die Temperaturen klettern im Sommer nicht über 12 Grad Celsius und der ständige Seegang sorgt dafür, dass es nie zu warm wird.
Das Klima muss vor 5000 Jahren wesentlich angenehmer gewesen sein, denn die Inseln sind voll von archäologischen Stätten, die beweisen, wie rege das Leben in der Zeit des Neolithikum gewesen sein muss. Alle wichtigen Infos zur Geschichte der Orkneys findet ihr hier  Die heutige Insel Mainland, war damals Teil des Festlands. Den heutigen Pentland Firth, der die Orkneys vom nordschottischen Festland trennt, gab es damals noch nicht.
Man unterscheidet zwischen dem Mainland, der Hauptinsel Orkney, mit der Hauptstadt Kirkwall und den 70 kleineren Inseln, von denen einige bewohnt sind.


Ness of Brodgar mit Blick zur Insel Hoy

Ring of Brodgar


Wir haben Wanderungen auf dem Mainland, der Insel Hoy und  Westray unternommen.
Diese Inseln sind nahezu baumlos. Sie sind geprägt von ihren historischen Sehenswürdigkeiten, vor allem aus dem Neolithikum, der Piktenzeit und der Wikingerzeit. Man nennt sie nicht umsonst ein "archäologisches Freilichtmuseum".
Die Steinkreise Ring of Brodgar und Standing Stones of Stennes  sowie das steinzeitliche Dorf Skara Brae wurden zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.
Spektakulär sind die Felsenwände, die in ihren bizarren Riffs Brutkolonien seltener Meeresvögel beherbergen. Aufgrund der Abgeschiedenheit leben auf den Felsbänken in der Meeresbrandung auch Seehundekolonien.
Die ständige Erosion durch Wind und Wasser, lässt bizarre Felsengebilde enstehen. So sind die Orkneys berühmt für grandiose Felsennadeln und Felsentore. Auch die riesigen, unheimlich wirkenden Felsenhöhlen, die dem ständigen Tosen des Meeres ausgesetzt sind, gehören zu der beeindruckenden Felsenküste.




An der Felsenküste von Yesnaby

Was sollte man als Wanderer berücksichtigen?


Der Weg ist das Ziel. An diesem besonderen Ort gilt diese Lebensweisheit mehr als irgendwo sonst. Viele Kilometer in möglichst kurzer Zeit zu erwandern, um schließlich einen speziellen Ort zu erreichen, steht in Widerspruch zu diesem Gesamtkunstwerk, das bei jedem Schritt bewundert werden will. Als Wanderer verbindet man die einzelnen historischen Stätten mit den phantastischen Schauspielen der Natur. Es ist, als ob man sich in einer völlig fremden Welt befindet: In der Welt,  der Menschen, die vor 5000 Jahren lebten und der Welt, die den Naturgewalten und ihrer ungezähmten Wildheit gehört.
Es gibt keine befestigten und bezeichneten Wanderwege- diese lässt man entsprechend der eigenen Planung erst entstehen. D.h. man sollte Karte und Kompass lesen können. Man sollte genügend Kondition mitbringen, um im Zweifelsfall auch einen längeren Umweg gehen zu können- an mangelndem Tageslicht wird eine Wanderung im Sommer auf keinen Fall scheitern.
Höhenangst sollten Orkneywanderer nicht haben - sodass eine gewisse Trittsicherheit oberhalb von 300m hohen Steilklippen gegeben ist. Es versteht sich von selbst, dass man immer eine steife Brise im Rücken oder sonstwo hat, sodass es tatsächlich sehr kalt werden kann.
Auf Mainland sind wir mit den öffentlichen Bussen bequem zu unseren Ausgangspunkten gekommen. Nach Westray und Hoy gibt es mehrmals am Tag Fährverbindungen.

Höhlen, zugänglich nur für geeignete Wesen


Zelten oder B&B?

Wie schon beschrieben, gibt es keine Bäume und der Wind weht ständig hart am Riff...da würde ich das wilde Zelten lieber sein lassen. Öffentliche Campingplätze gibt es auf dem Mainland in Kirkwall und Stromness.
Wir haben ein B&B in Kirkwall gewählt. Das hat sich in jeder Hinsicht als Glücksfall herausgestellt:
Es gab ein reichhaltiges schottisches Frühstück, einen freundlichen Gastgeber, und ein hübsches Zimmer.

Aussicht auf die Nachbarinsel Hoy

Einige unserer Wanderungen

Hier nenne ich in erster Linie die Sehenswürdigkeiten und die geschätzten Distanzen zwischen ihnen.
Man kann sich  beliebig lange Wanderungen erstellen.

 Mainland

Hügelgrab Maes Howe-Standing Stones of Stennes mit Wohnanlage- Ring of Brodgar (ca.10 km)

Man kann diese Tour beliebig ausbauen, denn es gibt im Umfeld weitere archäölogische und naturkundliche Sehenswürdigkeiten. Allerdings ist man mit der Erkundung der genannten Sehenswürdigkeiten sehr beschäftigt.

Das Hügelgrab Maes Howe. Am 25.12. eines jeden Jahres fällt ein Strahl der Morgensonne- wenn man sie überhaupt sehen kann-  in den Eingangsbereich des Grabes. Symbolisch wird so die Welt (das Grab als Gebährmutter) von der Sonne befruchtet und das neue Leben entsteht neu.

Der sog. Altarstein inmitten der Standing Stones of Stennes

Ring of Brodgar


Skara Brae-entlang der Steilküste von Yesnaby - Stromness (ca.25 km)

Das ist die einzige planvolle Streckenwanderung, die wir unternommen haben. Es ist wirklich schwer, sich von dem Steinzeitdorf Skara Brae loszureißen-was man sehen und erfahren kann, ist einfach zu spannend. Es ist so, als ob man Wilma und Barney Geröllheimer über die Schulter schauen würde: Steinzeit-Regale mitsamt Inventar, Kochstellen, komplette Reihenhäuschen, 4500 Jahre alt, werden hier präsentiert (den Ausdruck "Reihenhäuschen" habe ich einem archälogischen Orkney-Magazin entnommen)!

Blick in ein steinzeitliches Wohnhaus



 

Aber was dann kommt, wenn man es geschaftt hat, diese archäologische Sensation hinter sich zu lassen, ist einfach überwältigend! Die Steilküste von Yesnaby beherbergt nicht nur Kolonien seltener Meeresvögel-nein-im üppigen Grün findet sich auch die wunderbare Scottish Primrose-die nordische Orchidee.
Auf unserer einsamen Wanderung entlang der Küste, sind wir über so einige tierische Skelette gestolpert, mal größer, mal kleiner...man gewöhnt sich daran.
Am Ende der Klippentour, die ca.20 Km ausmacht, sollte es laut Karte einen Pfad geben, der auf einem Strand endet, von dem aus man nach Stromness laufen können sollte. Stattdessen fanden wir einen mit Stacheldraht bewehrten Zaun vor, genau an der Stelle, an der der steile Pfad von der Anhöhe zum Strand führte! Ein Schild verwehrte den Zutritt und warnte mit Lebensgefahr. Am Strand  hatte sich eine Firma niedergelassen, die dabei war, eine Gezeitenenergieanlage vor der Küste aufzubauen. Wanderer waren hier nicht willkommen. Wir überwanden stromgeladene Zäune, um  über Weiden auf die Staße in Richtung Stromness zu gelangen, aber irgendwie stießen wir immer wieder auf die Baustelle, die sich tief in das Land hinein fraß. Irgendwann entdeckten wir einen vom Sturm zerstörten Sicherheitszaun und wir beschlossen, die Baustelle zu betreten und einen der Bauarbeiter nach dem Weg zu fragen. Wir hatten Glück, ein etwas verblüffter Ingenieur, war auf dem Weg zu seinem Jeep, um nach Stromness zu fahren! Er gab zu, dass sein Arbeitgeber beim Aufbau der Anlagen an alles gedacht habe, nur nicht an Wanderer!
Aber: Ende gut, alles gut- wir hatten ein nettes Gespräch und erreichten noch den letzten Bus von Stromness nach Kirkwall.




Broch of Birsay-  Birsay Strand- Birsay Palace (?km)

Im Nordwesten der Insel liegt eine Landzunge, die man nur bei Ebbe begehen kann.  Auf dieser Gezeiteninsel kann man Überreste zweier untergegangener Kulturen besichtigen: Die der Pikten und die der Wikinger. Man kann auf allen Überresten stehen und gehen.   Dabei sollte man in Ehrfurcht bedenken, dass es sich um einen ehemaligen Herrschersitz handelt, nämlich Thorfinns des Mächtigen. 

Der piktische Symbolstein ist ein interessantes Zeugnis einer fremd gewordenen Kultur.
Die Zeit der Ebbe ist gerade ausreichend, um alles Sehenswerte zu erkunden. Selbstredend befindet man sich in einem atemberaubenden Küstenpanorama, das man nicht vernachlässigen möchte.


Piktenstein und Wikingerkirche

Nach der Gezeiteninsel haben wir einen längeren Spaziergang am Strand entlang gemacht.


 


 


Wir haben uns dafür entschieden, den Earl`s Palace Birsay zu besichtigen. Der Bischoff von Kirkwall musste im 16.Jahrhundert mal kurz aus der Stadt flüchten. Zu diesem Zweck hatte er sich diesen wehrhaften Palast bauen lassen. Bei der enormen Anzahl an Schießscharten in der Palastruine, kann man sich vorstellen, was die bischöfliche Mannschaft im Namen ihres Herren zu tun hatte.

Bishop`s Palace Birsay


Tomb of the eagles/entlang der South Ronaldsay Cliffs
 (?km)

Diese steinzeitlichen Überreste sind an der südöstlichen Küste des Mainlands gelegen. Der Landbesitzer selbst hat diesen Fund entdeckt und auch ausgegraben. Weil einige der aufgefundenen Knochen Seeadler- Knochen sind, hat der Großgrundbesitzer diese Stätte Tomb of eagles genannt. Die Sehenswürdigkeit liegt oberhalb der dramatischen South Ronaldsay Klippen. In die Ausgrabung hinein kommt man übrigens mit Hilfe eines Rollbretts, das einen durch einen Steintunnel in die Ausgrabung hinein rollen lässt. Im Visitor Center kann man einige Artefakte anfassen und sich über den Stand der Grabung informieren.
Neben der Besichtigung der spannenden Ausgrabungen, kann man beliebig lange an der Küste entlang wandern oder/und  nach St. Mary´s Hope laufen, von wo aus der Linienbus nach Kirkwall fährt. Hier findet sich auch ein sehr gemütliches Cafe.

Das Adlergrab, der Eingang befindet sich links im Bild, dort wo das Gras fehlt



Hoy (? km)

Moaness Pier-von Ost nach West, quer durch die Inselmitte-Old Man of Hoy-Steilküste von St.John`s Head (400m Höhe)-Moaness Pier (10km)

Eine atemberaubende Landschaft, die sich durch eine Stille und Einsamkeit auszeichnet, wie sie für einen Menschen aus dem dichtbesiedelten Deutschland völlig unbekannt sind.

The Old Man of Hoy

Einmal quer über die Insel Hoy


Zarte Inselbewohner!



Westray (? km)

Pierowall (Hauptort) -Bay of Pierowall-Ruin Old Church of Pierowall-Rapness Pier- The Links of Noltland- Noltland Castle-Pierowall (10km)

Auf unserem Weg entlang und über die Insel wurden wir mehrmals von einem Schafthirten im Auto abgepasst. Er fuhr neben uns her, drehte die Scheibe herunter und fing an zu reden. Immer wieder saßen wir dann in seinem Auto und er fuhr uns zu einem Ausgangspunkt, von dem aus wir schneller an einer der Sehenswürdigkeiten waren. Der Mann war wirklich einsam- sein Auto lag voller Bierflaschen und Dosen- die er während seiner Schafpatrouille geleert hatte- in einer Hand hielt er stets ein nächstes Bier. Matthias musste erst einmal Sitz und Fußboden  freischaufeln um Platz nehmen zu können. Aber- der Mann war äußerst konzentriert und eloquent! Er redete, als habe er mehrere Jahre aufzuholen.


Der alte Friedhof von Pierowall























The Links of Noltland




Kirkwall- eine schottische Perle

In der Orkadischen Hauptstadt Kirkwall erlebt man eine einzigartige Atmosphäre- klar, auch durch die mystische Ausstrahlung der St. Magnus Cathedral, gebaut aus rotem Sandstein, und durch viele historische Gebäude mehr.


St. Magnus Cathedral

In den schmalen Straßen und in der gemütlichen Fußgängerzone gibt es Cafes und Shops, die jenseits der üblichen europäischen Marken stehen. Es gibt viele einheimische Produkte, die für Einheimische produziert werden.Im Bürgerhaus kann man für wenig Geld gemütlich essen gehen. Dabei kommt man sehr leicht mit Einheimischen in Kontakt. Am Hafen gibt es ein Hotel in einem roten Backsteinhaus in typisch georgianischem Stil. Darin ist ein Restaurant, das mit feinen lokalen Fischgerichten aufwartet, aber in einer sehr bodenständigen entspannten Atmosphäre. In diesem kleinen Örtchen gibt es ein jährliches Poesie und Literaturfestival- frei von Kommerz aber voll von Poesie!

Auf den Orkneyinseln finden sich verhältnismäßig wenig Schottlandtouristen. Viele Deutsche, die sich in ihren Luxus-Wohnmobilen auf die Insel "verirren", weil sie nun mal zum Schottlandtrip dazugehört, sind abgestoßen von der rauhen und wilden Landschaft, in der sich nicht alle 5 km ein Restaurant mit einem Touristen-Shop befindet. Sie fahren zu den "Steinen", die von der Landstraße aus zu sehen sind. Irgendein Reiseführer hat ihnen gesagt, dass es sich um Weltkulturerbe handelt- ein Foto- dann sind sie auf schnellstem Wege wieder weg!---Welch ein Segen.

Mein Geheimtipp, wenn man die Orkneys sinnlich erfahren möchte, gerade aber keine Zeit hat, dorthin zu fliegen: "Highlandpark 18" aus Kirkwall. Es ist ein Getränk, das man nicht einfach trinkt- man nimmt sich Zeit und genießt es. Die Geschmacksschichten dieses Whiskeys vermitteln den einmalig torfig-würzigen Geschmack, der hier in der Luft liegt



Kirkwall Hafen, ca. 23 Uhr


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