Montag, 7. März 2016

Gear Review: Ponchowars: Eureka/ Nigor Tarp-Poncho UL vs. Zpacks Groundsheet-Poncho



Beide Ponchos sollen ganz im Sinne des Lightweight-Gedankens einen doppelten Nutzen erfüllen: Eureka soll als Tarp,  Zpacks als Zeltunterlage zusätzlich Verwendung finden.  

Kann so etwas überhaupt funktionieren?



Verwendet habe ich beide Modelle mehrere Wochen auf Wanderungen im sommerlichen Mittelschweden mit etlichen Regentagen, im Frühjahr im Pfälzerwald bei Schnee und Schneeregen sowie auf mehreren Tageswanderungen in Mittelgebirgen.
Grundsätzliches zur Verwendung von Ponchos
Ponchos werden von Wanderern aus zwei Gründen gekauft und verwendet: sie sind relativ günstig und bieten eine relativ gute Ventilation.
Generell stimmt das so aber nicht. Nicht jeder Poncho muss günstig sein und nicht jeder bietet die erhoffte Ventilation. Ausschlaggebend für die Ventilation sind Schnitt und Material. 
Atmungsaktive Regenbekleidung ist in der Regel sehr teuer und funktionsunfähig, sobald die Herstellerimprägnierung durch Schmutz und Regen abgetragen ist. Dieser Abnutzungseffekt kann sich meiner Erfahrung nach schon nach zwei Wochen bemerkbar machen.
Als Weitwanderer sollte man daher über eine Alternative, die auch mehrere Wochen funktioniert, nachdenken.
Ein Poncho kann überall dort getragen werden, wo man relativ windgeschützt wandern kann oder wo es nicht allzu stürmisch wird. Durch seine Konstruktion bildet er eine sehr große Angriffsfläche für den Wind, fast wie ein Bootssegel. 

Ferner ist ein Poncho zum Schutz gegen Regen von oben konstruiert, waagrechter Regen, wie es ihn zum Beispiel auf den britischen Inseln häufiger gibt, mag er nicht, da über die Seiten die Luftzufuhr stattfindet.


Als Regenbekleidung

Der Eureka (seit kurzem lautet der Firmenname Nigor) Poncho ist für ungefähr 90 € überall in Deutschland erhältlich. Er wiegt 207 Gramm, der Packbeutel noch einmal 20 Gramm. Der Poncho ist aus Silnylon hergestellt und bietet viele Druckknöpfe, mit denen man den Poncho seitlich etwas schließen kann und mit denen das Hinterteil nach oben gezogen werden kann, so dass es nicht auf dem Boden schleift. Die zahlreichen Schlaufen bieten viele Abspannmöglichkeiten für den Tarpgebrauch.  
Unter diesen Poncho passt jeder Expeditionsrucksack!
Die Kopfbedeckung wird durch eine einfache Kordel auch bei starkem Wind an Ort und Stelle gehalten. Leider ist die Öffnung für den Kopf so eng ausgefallen, dass Brillenträger diese erst einmal abnehmen müssen. Die Kopfbedeckung ist ausserdem so eng geschnitten, dass keine Luft entweichen kann.  Um den Kopf sammelt sich somit die ganze Körperwärme. Was für eine Hitze! 
Der Poncho ist so groß, dass man beim Gehen regelmäßig darüber fällt (Körpergröße 1,75 cm). Auf einer Ebene ist das kein Problem, sobald es den Berg hinauf geht, tritt man immer auf das Ponchomaterial. Beim Hinuntergehen schiebt sich immer das lange Hinterteil des Ponchos unter die Sohlen, was zu gefährlichen Rutschpartien führen kann. Aber: das ist alles abhängig von der Größe des Rucksacks und der Größe des Trägers!
Das Silnylon des Ponchos wird durch die körpereigene Verdunstung und den Regen nass und schwer. Er klebt förmlich auf den darunterliegenden Kleidungsstücken, die nach und nach allesamt klitschenass werden. Dass Silnylon im Regen durchhängt und Feuchtigkeit aufnimmt, ist hinlänglich bekannt. Deswegen können Tarps oder Zelte mittels Spannleinen nachgespannt werden. Bei der Verwendung als Regenbekleidung entfällt diese Möglichkeit natürlich. Der nasse Poncho wiegt ein Vielfaches von dem von mir gewogenen Trockengewicht.


Völlig durchnässt mit Eurekas /Nigors Riesenponcho. Unter dem Poncho herrschten tropische Temperaturen.

Alleine kann man den Poncho nicht überziehen, also bitte immer jemanden dabei haben, der hilft!
Als Regenbekleidung ist der Eureka Poncho  untauglich. Finger weg!

Als Tarp

Den Poncho habe ich einmal als Tarp aufgebaut. Es bietet einer Person plus Gepäck Platz. Die Abspannmöglichkeiten sind gut und grundsätzlich unterscheidet sich das Ponchotarp nicht erheblich von anderen Tarps, wäre da nicht die Öffnung im Dach, durch die man bei der Verwendung als Regenbekleidung den Kopf schiebt. Bei Windstille ist das kein Problem, bei Wind und Regen sehe ich hier eine Schwachstelle, durch die das Wasser eindringen kann.

Einschätzung

Was soll man nun von diesem Regenbekleidungs- und Tarphybriden halten? Stellt er wirklich eine Alternative für den geneigten UL-, SUL-, XUL- oder Was-Auch-Immer-Wanderer dar?
Meiner Meinung nach vereinigt der Eureka Tarp-Poncho das Schlechteste aus beiden Welten. Er ist weder als Regenbekleidung noch als Tarp sinnvoll zu verwenden. 

Doch warum produziert ein Hersteller ein solches Produkt? Ganz einfach: weil er in der Leichtgewichtsszene auf Kundenfang gehen möchte. Und dort kreisen die Gewichtsgeier über den öden Regalen der Outdoorläden und stürzen sich auf jedes Leichtgewicht, das ihnen in den Blick kommt.
Der gesunde Menschenverstand sagt einem doch schon, dass Tarp und Poncho nicht in einem Stück kombiniert werden können. Stell Dir mal vor, Du wanderst den ganzen Tag in strömendem Regen. Dein Tarp-Poncho ist innen und außen nass. Deine Kleidung ist nass. Du kannst keine Pausen mehr machen, weil Du sofort zu frieren anfängst. Ausgelaugt erreichst Du Deinen Lagerplatz. Du ziehst den Poncho in strömendem Regen aus und schaffst es nach einiger Zeit und mit steifen Fingern das Tarp aufzubauen.   

In der Zwischenzeit bist Du komplett nass und durchgefroren. Deine Schlafstätte hast Du schon bereitet und Du würdest am liebsten jetzt in Deinen teuren Daunenschlafsack kriechen. Aber mit Deinen nassen Klamotten? Also alles ausziehen, reinriechen und hoffen, dass die Daune nicht ruiniert wird. Durch die eigene Körperwärme sollte sie doch nicht allzu sehr leiden… Doch was ist das? Es tropft fröhlich von der Innenseite Deines Poncho-Tarps herab. Nach einer halben Stunde ist der Daunenschlafsack hinüber, Du frierst immer noch und rate mal was jetzt passiert? 
Richtig: DU ERFRIERST!
Kann ich eine Kaufempfehlung für die Poncho-Tarp Kombo aussprechen?
Ja, aber nur, wenn Du Dir schon aus krankhaftem Gewichtsersparniszwang das Hirn hast entnehmen lassen.
Alle Anderen machen einen großen Bogen um das Teil und nehmen sich echte Regenbekleidung und eine echte Unterkunft mit. 


Zpacks ist ein kleiner Hersteller in den USA, der ein umfangreiches Sortiment an Leichtgewichtsausrüstung herstellt. Der Poncho kostet ungefähr 155 $ zzgl. Versand und Zollgebühren. Preislich ist er damit knapp doppelt so teuer wie der Eureka Tarp-Poncho. Er ist aus Cuben hergestellt und wiegt 181 Gramm. Ein Aufbewahrungsbeutel wird nicht mitgeliefert.

Als Regenbekleidung

Das Material macht den Unterschied. Cuben nimmt keine Nässe auf und hängt nicht durch. In stärkstem Regen behält Cuben seine Form, drückt sich nicht auf die Schultern und erhält daher einen Luftraum zwischen Poncho und Träger, der wichtig für die Luftzirkulation ist und der Kondensbildung entgegenwirkt
Die Kopföffnung ist weiträumig, jeder Kopf mit Brille passt hier durch. Die Mütze hat einen Schirm und mittels Reißverschluss kann gelüftet oder geschlossen werden. Die Seiten des Ponchos lassen sich mit einem kleinen Reißverschluss schließen und halten den Wind effektiv ab. Die Ärmelöffnungen sind aber noch so groß, dass genügend Luftzufuhr stattfindet. 
Vorne reicht der Poncho bis ans Knie, hinten gerade so über einen bis zu ca. 60 Liter großen Rucksack.


Nicht gerade fashionable, aber sehr praktisch

Egal ob bergauf oder bergab, niemals fällt man über den Poncho.
Trotz der großartigen Ventilationsmöglichkeiten bildet sich immer mal Kondenswasser auf der Innenseite. Das ist aber alles nicht schlimm, weil das Material nie auf der Kleidung des Trägers aufliegt. Ist der Regen vorüber, reicht es, den Poncho mehrmals auszuschütteln und er kann problemlos (sprich: ohne unerwünschten Gewichtszuwachs) verstaut werden.
Das Material ist sehr dünn und teilweise durchsichtig, trotzdem ist das Material auch im Gestrüpp nie aufgerissen. Sollte das doch einmal passieren, kann man es einfach mit Klebeband reparieren.
Den Poncho kann man auch Problemlos alleine anziehen (bei geöffneten Seitenreissverschlüssen).


Gut zu sehen die weiten Ärmelöffnungen und der Reißverschluss in der Mitte darunter

Als Unterlage

Als Unterlage unter einem Tarp lässt sich der Poncho ebenfalls verwenden. Die Ecken sind einige Zentimeter hochgezogen, so sich ein badewannenähnlicher Boden bildet. Er bietet entgegen der Herstellerangabe aber nur Platz für eine Person mit Gepäck. An Schlaufen lässt sich die Unterlage mit Heringen auf dem Boden festmachen. Im Gegensatz zu einer Silnylonunterlage ist Cuben immer wasserdicht, es muss nie imprägniert werden. Einziger Nachteil auch hier wie beim Eureka Poncho ist die Kopföffnung, durch die natürlich immer Wasser eindringen kann.

Einschätzung

Die doppelte Verwendung als Regenbekleidung und als Zeltunterlage ist ebenfalls Schwachsinn. Was mache ich denn, wenn ich in einer verregneten Nacht mal kurz raus muss, der Poncho aber unterm Tarp im Schlamm liegt?
Im Gegensatz zum Eureka Tarp-Poncho kann man den Zpacks Poncho entweder als Regenbekleidung oder als Zeltunterlage verwenden und beides funktioniert hervorragend!
Den Zpacks Poncho kann ich nur wärmstens empfehlen!

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